Sonstiges
10 Jahre Iffothek - Rückblick
Die Buchausleihe in Iffezheim hat eine lange Tradition. Bereits 1914 gründete Pfarrer Meister den Borromäusverein. Ziel war es, der Landjugend christliche Literatur nahezubringen und somit zur sittlichen und moralischen Gesinnung beizutragen. Nach und nach entstand aus diesen Anfängen die Katholische Bücherei. Diese wurde nahezu 100 Jahre lang unter Vorsitz des jeweiligen Pfarrers mit großem Engagement von ehrenamtlich tätigen Frauen geführt. Diese Damen leisteten über Generationen hinweg eine wichtige Tätigkeit für die Iffezheimer; schließlich war der Zugang zu Literatur gerade in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, speziell für die Dorfbevölkerung, nicht einfach. Viele Iffezheimer erinnern sich noch gerne an die „alte Bibliothek“. Wenn damals ein Nutzer am Ausleihtisch „R4“ vermeldete, wollte er keineswegs über sein Auto reden. Vielmehr konnte dies die Kennung seiner persönlichen Karteikarte sein. Auf dem sogenannten „Kärtel“ wurden die Titel der Bücher und das Ausleihdatum handschriftlich eingetragen und bei der Rückgabe wieder ausgestrichen. Und wenn heute eine automatisierte Erinnerungsmail auf das Smartphone des Nutzers gesandt an die Fälligkeit der Medien erinnert, rief früher eine freundliche Dame der Bücherei am Ende des Jahres persönlich an und bat um die Rückgabe eines Buches, das sich anhand des „Kärtels“ noch eindeutig im Besitz des Ausleihenden befand. Ein System das früher wunderbar funktionierte, heute allerdings nicht mehr vorstellbar ist. Bürgermeister a.D. Peter Werler erkannte Anfang der 2000er-Jahre den Wandel, der sich allgemein in Bibliotheken vollzog. Diese dienten nun verstärkt auch als Ort für Kultur und Austausch. Im Rahmen einer Ortskernsanierung wurde ein Rathausanbau mit zusätzlichen Verwaltungsräumen sowie einer modernen Bibliothek, der heute sogenannten Iffothek, geschaffen.
Am Freitag, 6. Mai 2011 fand in festlichem Rahmen die offizielle Schlüsselübergabe zu den Räumlichkeiten des Medienhauses Iffezheim, Iffothek statt. Am darauffolgenden Sonntag bot der „Tag der offenen Tür“ die Möglichkeit, die neuen Räume zu besichtigen. Die gesamte Bevölkerung war hierzu eingeladen und wurde mit vielen Aktionen rund um das Rathausgebäude bestens unterhalten. Zwei Tage später startete die Iffothek mit ihrem Ausleihangebot. Für die beiden Bibliothekarinnen Esther Braun und Kathrin Schäfer begannen die Vorbereitungen bereits Monate zuvor. Ein großer Teil des Medienbestandes der ehemaligen katholischen Bücherei wurde übernommen und mit neu erworbenen Exemplaren ergänzt. Im Mai 2011 standen ungefähr 5.000 physische Medien zur Ausleihe bereit. Derzeit sind es ca. 13.000, die auf einer Fläche von 350 m² Platz finden. Hierunter zählen Romane und Sachbücher, Zeitschriften und Zeitungen, Bildkarten für das Erzähltheater, Audiovisuelle Medien in Form von Hörbüchern, Tonies und Filmen, Gesellschaftsspiele sowie die Bibliothek der Dinge mit In- und Outdoor-Spielen. Des Weiteren stehen im Verbund mit 20 anderen Bibliotheken ungefähr 30.000 E-Medien zur Verfügung. Die Iffothek verzeichnet derzeit ungefähr 800 aktive Nutzer. Obwohl der modernen Ausstattung der Iffothek und der technisierten Abläufe bei der Ausleihe ist das IffothekTeam bestrebt, den dörflichen Charakter Iffezheims auch in der Bibliothek widerzuspiegeln. Das Bibliotheks-Team setzt sich aus einer Bibliotheksleitung, einer Teilzeitbeschäftigten und drei Mitarbeiterinnen im Minijob zusammen. Die Ausleihtätigkeit wird einmal pro Woche ehrenamtlich von einer Dame unterstützt. „Die Beziehung zum Kunden ist uns wichtig.“, teilen die Angestellten der Iffothek mit. „Wenn ein Kunde angespannt in die Bibliothek kommt und außer mit einem Stapel Medien auch mit einem Lächeln oder den Worten `bei euch ist´s einfach schön` die Iffothek wieder verlässt, wissen wir, dass wir unsere Arbeit gut gemacht haben. Leider können nicht immer alle Wünsche der Iffothek-Besucher*innen erfüllt werden. Aber die vielen positiven Rückmeldungen von Seiten der Nutzerinnen und Nutzer bestärken uns in unserer Arbeit.“ Die Iffothek bietet nicht nur ein vielseitiges Angebot an Medien, sondern lädt auch zu unterschiedlichsten Veranstaltungen ein. Mit Rita Hampp (Tod auf der Rennbahn) konnte die Iffothek gleich im Mai 2011 eine Autorin aus der Region für einen unterhaltsamen Leseabend engagieren. Es folgten mehrere Autorenlesungen. Als ganz besonderer Event jedoch wird vielen Leser*innen ein Abend in Erinnerung geblieben sein, an dem es recht „Fröhlich“ zuging. 2016 sorgte die gleichnamige beliebte Autorin für einen unterhaltsamen Abend auf der Bénazét-Tribüne der Rennbahn. Die Romane von Susanne Fröhlich gehören zu den meist ausgeliehenen in der Iffothek. Für einen Tag umziehen, und zwar in die Festhalle, musste die Iffothek auch 2016, als Gunzi Heil & Harald Hurst für einen sehr vergnüglichen Abend mit einem Saal voller Gäste sorgten.
Für Literaturbegeisterte konnte sich bereits 2011 der Literaturtreff unter der ehrenamtlichen Leitung von Marlis Camboni etablieren. Marlis Camboni liest zu einem vorher vereinbarten Thema vor. Auch die Teilnehmenden können passende Literatur mitbringen und vortragen. Die Beiträge werden besprochen und Betrachtungsweisen ausgetauscht. Auch wer nur zuhören will, ist im Literaturtreff jederzeit herzlich willkommen. Seit 2019 treffen sich außerdem Interessierte mit Siegbert Heier vom Heimatverein Iffezheim zur sogenannten „Babbelstunde“. Diese bietet die Möglichkeit zu unterhaltsamen Gesprächen. Das jeweilige Thema wird von Siegbert Heier vorbereitet und findet stets unter dem Leitmotiv „Iffezheim – früher und heute“ statt. Bei dem Literaturtreff und der Babbelstunde handelt es sich um offene Veranstaltungen, bei denen neue Teilnehmer herzlich begrüßt werden.
Erwachsenenbildung sowie kulturelle Veranstaltungen sind wichtige Aufgaben einer Bibliothek. Ob Computer- oder Sprachkurse, Vorträge oder kulturelle Ereignisse – die Räumlichkeiten der Iffothek bieten neben einer passenden Ausstattung ein angenehmes Ambiente und werden somit gerne von Vereinen und Kooperationspartnern für verschiedenste Veranstaltungsformen genutzt. Abende mit Wein & Jazz oder Kunst & Vesper waren bei den Gästen genauso angesagt wie Vorträge über Frauenpower im Mittelalter, die Sprache und Symbolik von Volksmärchen oder die Entstehung und Entwicklung des heimatlichen Dialektes, um nur einige wenige zu nennen.
Viel Engagement stecken die Beschäftigten der Iffothek nach wie vor in den Bereich Kinderveranstaltungen. Bald nach der Eröffnung 2011 startete die Iffothek mit Bücherwelten, einem Vorleseprogramm für drei- bis elfjährige Kinder. Jährlich werden 30 bis 40 Veranstaltungen angeboten. Zuerst wird vorgelesen oder erzählt. Anschließend vertiefen Gespräche, Spiele und Bastelarbeiten das Thema des Buches. Das Vorlesen und Erzählen erfolgt meist anhand eines traditionellen Bilderbuches. Es kommen aber auch Erzähltheater oder animierte Online-Bilderbücher zum Einsatz. Veranstaltungen finden teilweise in Kooperation mit örtlichen Vereinen und Betrieben statt. Ein Team von sieben ehrenamtlich tätigen Damen, beruflich meist aus dem pädagogischen Bereich, unterstützt die Angestellten der Iffothek bei der Umsetzung des Bücherweltenprogramms.
Auch außerhalb von Bücherwelten gibt es Vorlese- und Spielangebote für Kinder, die stets im Zusammenhang mit einer Geschichte, häufig auch mit einem Sachbuch stehen. Versuche im naturwissenschaftlichen Bereich finden genauso Interesse wie der Umgang mit Holz und Schnitzmesser. In örtlichen Betrieben wird gebacken oder etwas über Nutztiere gelernt. Bei den Vereinen probieren die Kinder die ersten Musikinstrumente aus oder üben sich als Baletttänzer*innen oder Fußballprofis. Ein ganz großes Thema bei Jungen wie Mädchen ist immer wieder die Feuerwehr.
Hinzu kommt die Beteiligung der Iffothek am Sommerferienprogramm der Gemeinde. Des Weiteren bietet Bibliothekarin Kathrin Schäfer je nach Alter der Kinder speziell konzipierte Bibliotheksführungen für Kindergartengruppen und Schulklassen. Während die Jüngeren mit Hilfe der Olchis (Kinderroman-Figuren von Erhard Dietl) die Iffothek kennen lernen, kommt bei den Größeren Actionbound (eine interaktive Rallye für das Handy) zum Einsatz. Einmal im Monat besucht jede Grundschulklasse die Iffothek zur Ausleihe von Lesematerial. Ein ganz besonderes Erlebnis für die Jungen und Mädchen sind die Autorenlesungen für Schulklassen.
Bei der Sprachwerkstatt, die seit 2012 das Angebot der Iffothek erweitert, steht die Freude am Umgang mit Sprache im Mittelpunkt. Wo haben Redewendungen und Sprichwörter ihren Ursprung? Welches Wort tarnt sich, indem es sich gut in einem anderen versteckt? Nahezu detektivisch sind Dritt- und Viertklässler*innen der deutschen Sprache auf der Spur. Unterstützt werden sie von der ehrenamtlich tätigen Dorothee Bauer. Langweilig geht es in der Sprachwerkstatt nie zu!Freude an der Sprache haben auch schon die ganz Kleinen im Alter von 9 bis 18 Monaten. In Kooperation mit der Volkshochschule Rastatt startete die Iffothek 2019 die „Bücherminis“, eine Eltern-Kind-Gruppe. Mit Reimen, Kniereitern und Spielen zur Förderung der Motorik macht die qualifizierte Kursleiterin Patricia Lorenz Bilderbücher erlebbar. Sie unterstützt liebevoll das natürliche Bedürfnis der Kinder, Sprache zu erlernen.Ein großer Erfolg waren auch die Familiensonntage, die bisher viermal von der Iffothek veranstaltet wurden. Von den Spielaktionen bis zur Deko steht beim Familiensonntag alles unter einem bestimmten Motto. Viele Monate zuvor beginnen für das Iffothek-Team, unterstützt von ehrenamtlichen Helfer*innen, die Vorbereitungen für den großen Tag. Auch die Eltern sind gefordert: sie bringen ihre Kinder rechtzeitig zu den Theaterproben, nähen Kostüme und unterstützen bei der Suche nach Requisiten. Mit einem kleinen Theaterstück, das einige Kinder vorführen, wird der Familiensonntag eröffnet. Nicht nur für vielseitige Unterhaltung der ganzen Familie, sondern auch für das leibliche Wohl ist an diesem Nachmittag bestens gesorgt.Nicht zuletzt dient die Iffothek auch als Dritter Raum, an dem sich Menschen jeden Alters zum Austausch oder zur Entspannung treffen können. Gemütliche Leseecken eignen sich als Rückzugsort und laden zum Schmökern in Zeitungen, Zeitschriften und Büchern ein. Wer sich eine ruhige Stunde mit aktueller Lektüre und einer Tasse Kaffee gönnen möchte, ist in der Iffothek am richtigen Ort.
„Die Iffothek hat sich als sehr wertvolle Bildungseinrichtung etabliert und das vorhandene Angebot ist aus Iffezheim nicht mehr wegzudenken. Wir haben ein hervorragendes Team, das mit Herzblut, großem Engagement und Einsatz für die Iffothek lebt und damit immer wieder für eine Begeisterung aller Nutzer sorgt. Ich bin Kathrin Schäfer als Leiterin der Iffothek und allen unseren Beschäftigten und ehrenamtlich tätigen Personen sehr dankbar, dass sie unsere Iffothek auf dieses Niveau gehoben haben. Der Beitrag den die Iffothek für unsere Gesellschaft leistet ist unverzichtbar. Es ist schade, dass uns Corona derzeit einen Strich durch die geplanten Jubiläumsfeierlichkeiten macht. Wir hoffen sehr, dass wir im Laufe des Spätjahres noch die ein oder andere Veranstaltung nachholen und das Jubiläum damit würdig feiern können“, betont Bürgermeister Christian Schmid.
Auch das Team der Iffothek bedankt sich bei allen engagierten Ehrenamtlichen für die vielfältige Unterstützung. „Ein besonderer Dank für die gute Zusammenarbeit in den vergangenen zehn Jahren gilt auch den örtlichen Vereinen und Betrieben, Schulen und Kindergärten, der VHS und allen, die sich mit der Iffothek identifizieren und verbunden fühlen. Wundervolle Aktionen und Erlebnisse konnten in dieser Zeit gemeinsam geteilt werden“.
Bürgermeister Christian Schmid und das Iffothek-Team hoffen, bald wieder das volle Programm an Veranstaltungen und Aktionen anbieten zu können, und freuen sich auf gemeinsame Stunden.